Interview: Werner Lauktien und Wilbert Klein
mit Werner Lauktien und Wilbert Klein von der Interessengemeinschaft (IG) Biesfeld
RUNDBLICK
VON NINA ECKARDT
Rundblick: Wie kamen Sie auf die Idee, eine Interessengemeinschaft in Biesfeld zu gründen? War die fehlende Nahversorgung ausschlaggebend?
IG: Die Interessengemeinschaft ist aus der Leitbildgruppe Biesfeld heraus entstanden. Sie ist als Nachfolgemodell der Leitbildarbeit gedacht, da diese im Herbst dieses Jahres endet. Wir möchten uns jedoch weiterhin für Biesfeld engagieren und noch mehr erreichen. Das derzeitige Kernthema in Biesfeld ist selbstverständlich die Nahversorgung. Sie war sicherlich auch ein Anlass zur Gründung der Interessengemeinschaft.
Inwiefern überschneidet sich die Leitbildarbeit mit der Arbeit der IG?
IG: In Biesfeld tagt regelmäßig eine Leitbildgruppe, die sich mit der fehlenden Nahversorgung auseinandersetzt. Sie kümmert sich auch um die Dorfgestaltung. Die Gruppe rief unter anderem ein Projekt ins Leben, im Zuge dessen Biesfelder Grundschüler ihren Wunsch-Ort Biesfeld gestalten sollten. Die Entwürfe der Kinder stimmten fast exakt mit denen der Leitbildgruppe überein, was doch erstaunlich war, da die Kinder die Pläne der Leitbildler vorher nie gesehen hatten. Dies zeigt, dass sich selbst die Kinder ein funktionierendes Dorfleben wünschen. Die IG wird die Arbeit der Leitbildgruppe auch nach Ende der Leitbildarbeit weiterführen. Biesfeld hat seit 20 Jahren keinen Nahversorger. Langsam wird es Zeit, denn wir wollen nicht noch weitere 20 Jahre unterversorgt bleiben!
Was sagen Sie zu den Standpunkten der Leitbildgruppen Olpe und Dürscheid, die sich klar gegen den Bau eines LIDL-Marktes in Biesfeld ausgesprochen haben?
IG: Es macht uns und sicher auch einen großen Teil der Biesfelder Bürger traurig, dass die Nachbarorte uns eine Nahversorgung so wie es aussieht nicht gönnen wollen. Wir können verstehen, dass die Dürscheider Bürgerschaft um ihren Supermarkt bangt, da dieser durch LIDL Konkurrenz bekommt. Jeder will ja das Seine schützen. Andererseits ist Biesfeld mit 3491 Einwohnern der bewohnerstärkste Ortsteil. Jeder Ortsteil sollte durch eine Einkaufsmöglichkeit mit Waren des täglichen Bedarfs versorgt werden. Dies ist in allen Ortsteilen gegeben. Außer in Biesfeld. Wir haben recherchiert, dass in Biesfeld etwa 700 Quadratmeter Verkaufsfläche fehlen. Daraus ergibt sich, dass Biesfeld definitiv unterversorgt ist! Zumal der Ort derzeit durch ein Neubaugebiet, indem etwa 400 neue Bürger Platz haben, erweitert wird und die Bewohnerzahlen nochmals steigen werden.
Die bereits bestehenden Geschäfte in Eichhof und Dürscheid fürchten starke Konkurrenz durch den Discounter LIDL.
IG: Und Biesfeld freut sich sehr darüber, dass der Konzern hier eine Filiale eröffnen will. Dabei geht es nicht darum, dass es ausgerechnet LIDL ist. Ob Plus, EDEKA oder eben LIDL, man sollte die Chance auf einen Nahversorger beim Schopfe packen. Dass sich in so kurzer Zeit ein Interessent meldet, hätte keiner hier für möglich gehalten. Nun bekommen wir die Chance, unsere Vision zu verwirklichen. Viele Leute, die vorher dafür waren, sind jetzt, wo das Kind beim Namen LIDL genannt wird, plötzlich dagegen. Dabei gibt es durchaus Positivbeispiele, dass ein Supermarkt neben einem Discounter existieren kann, wie es an vielen Standorten in Deutschland der Fall ist. Man muss auch mal andere Meinungen gelten lassen und nicht ständig versuchen, in eine starre Richtung zu laufen. Fakt ist, dass es für die Gemeinde Kürten keine Erhebungen über das Kaufverhalten der Bürger gibt. Jegliche Daten beruhen ausschließlich auf Schätzungen. In Dürscheid-Steeg sollte ein neuer REWE-Markt gebaut werden, was jedoch nur verschoben wurde. Der ALDI in Kürten und die REWE-Märkte in Eichhof und Dürscheid wollen sich vergrößern. Der REWE Markt Bechen will einen 400 qm Getränkemarkt bauen. Wir wurden in Biesfeld oft genug ermahnt, man solle bei der Planung eines LIDL-Marktes doch die Situation der anderen Geschäfte berücksichtigen. Wir fragen uns, warum die Politik bei der Genehmigung sämtlicher Erweiterungen Biesfeld nicht berücksichtigt hat.
Ist denn überhaupt sicher, ob überhaupt ein LIDL in Biesfeld gebaut wird?
IG: Nein. Die Pläne sind bereits erstellt und eine Ladenfläche von 800 Quadratmetern würde auch mit Sicherheit von der Gemeinde genehmigt. LIDL möchte jedoch gerne etwas mehr Baufläche in Anspruch nehmen, da der Konzern unter anderem eine Gangbreite von 1,80 Metern anstelle von 1,20 Metern plant. Es müssten zusätzlich etwa 150 Quadratmeter genehmigt werden. Daran scheiden sich momentan noch die Geister. Die Frage, ob oder ob nicht, wird im Mai in einer Leitbildversammlung diskutiert und dann Thema beim runden Tisch, im WTK- und Planungsausschuss sein. Eine größere Variante des Discounters müsste dann noch vom Gemeinderat genehmigt werden. Wir hoffen sehr, dass dieser Prozess nicht zu lange dauern wird, da wir schon oft die schmerzliche Erfahrung machen mussten, dass sich gute Ideen im Sand verlaufen, wenn ihre Umsetzung zu lange aufgeschoben wird. Die Biesfelder wären sicher traurig und ein Stück weit enttäuscht, wenn die Chance auf einen Nahversorger zerredet oder gebremst würde, denn das würde auch einen großen Teil der Dorfentwicklung verhindern.
LIDL hat Biesfeld zudem einige interessante Versprechungen gemacht.
IG: Ja. Die LIDL-Gruppe hat zugesagt, sich an der Renovierung der alten Gaststätte Küster zu beteiligen. Außerdem will der Konzern zusätzliche Treppenanlagen bauen, die den Markt mit der Schule und anderen Gebäuden bequem verbindet. Der Parkplatz soll jederzeit für die Bürger geöffnet sein, auch außerhalb der Ladenöffnungszeiten. Man muss sagen, dass uns die Damen und Herren von LIDL sehr entgegengekommen sind und auf viele unserer Wünsche zur Dorfgestaltung eingegangen sind. Die Bürger waren von Mutlosigkeit ergriffen und viele sind nun der Meinung, dass wenn kein LIDL nach Biesfeld kommt, sich hier nichts ändern wird, da es der Gemeinde an Geld fehlt.
Die Leitbildgruppe und die IG haben sich auch die Möglichkeit eines „Bergischen Regionalladens“ angesehen. Warum ist diese Alternative in Biesfeld nicht umsetzbar?
IG: Der Bergische Regionalladen ist ein Konzept vom Büro Jansen. Wir haben mit Frau Mölders von der Firma Jansen lange diskutiert und sie hat uns schließlich versichert, dass sich ein Regionalladen in Biesfeld nicht trägt. Zum einen sind keine Ladenräume vorhanden und zum anderen sind die Personalkosten nicht tragbar. Ein solches Konzept lohnt sich entweder für sehr abgelegene Dörfer oder für Städte, aber halt nicht für Biesfeld. Die REWE-Filialleiter haben die Betreibung eines kleineren Ladens in Biesfeld abgelehnt. Der letzte Tante Emma Laden musste 1989 schließen. Seitdem hat sich hier wenig geändert.
Wie soll Biesfeld in einigen Jahren aussehen, wenn alles optimal läuft?
IG: Uns geht es vor allem darum, dass Biesfeld für Jung und Alt attraktiver wird und auch Neuansiedler sich hier wohl fühlen können. Unser Traum ist es, das Dorfleben interessanter zu gestalten und eine bessere Infrastruktur zu schaffen. Früher gab es in jedem Kirchdorf eine Kirche, eine Einkaufsmöglichkeit und eine Kneipe. Der Gemeinde steht kein Geld für Biesfeld zur Verfügung und LIDL reicht uns in Sache Ortskerngestaltung die Hand. So besteht auch die Chance auf eine Wiedereröffnung der alten Gaststätte mit Biergarten. Eine Brauerei hat hierfür bereits großes Interesse gezeigt. Natürlich sind auch die Bürger aufgefordert, sich an der Dorfgestaltung aktiv zu beteiligen. Die Schützen sind mit dem Bau des Platzes ja bereits mit gutem Beispiel voran gegangen und haben gezeigt, was man mit etwas Engagement erreichen kann. Um das Denkmal zu erneuern, sind neben der Unterstützung durch LIDL und Brauerei auch Hilfen von Denkmalschutz, lokalen Unternehmen und Vereinen nötig. Unser großer Traum ist es, Biesfeld wieder zu beleben. Es gibt zwar Angebote, unter anderem für Jugendliche und Senioren, aber das reicht uns noch nicht. Es kann und muss noch mehr getan werden, um Biesfeld wieder für alle Altersgruppen attraktiv zu machen.